Im Dezember waren es bereits 22 Femizide in Österreich
(aktueller Stand: https://www.aoef.at/).
Wenn die versuchten Femizide mitgezählt werden, die von den ‚Autonomen Österreichischen Frauenhäusern‘ (AÖF) erfasst werden, wurde in den Sommermonaten fast wöchentlich ein Femizid versucht – und das sind nur die Daten, die öffentlich bekannt wurden.Um ein Gefühl für das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen* zu entwickeln, folgen ein paar Zahlen. Doch sind dies mit Vorhalt zu betrachten, da es eine hohe Dunkelziffer von Betroffenen gibt, die unsichtbar bleiben. Denn viele Femizide werden nicht als Frauenmorde eingeordnet, zum Beispiel werden Mädchen* nicht unter “Frauen” gezählt. Morde an Trans/Inter/Non-Binary-personen, werden dabei auch nicht mitgerechnet.
- 137 Femizide werden jeden Tag weltweit begangen
- Das ist ein Mord alle 10 min
- 2019 wurden laut Kriminalstatistik 39 Frauen in Österreich ermordet. Im Jahr 2018 gab es sogar 41 Morde an Frauen. Zum Vergleich: 2014 wurden 19 Frauen umgebracht. Es kam also in diesem Zeitraum zu mehr als einer Verdoppelung der ermordeten Frauen. Aber auch davor war die Tedenz bereits steigend.
- Österreich hat in Europa die höchste erfasste Zahl an Femizide im Hinblick auf die Einwohnenden.
Was hier deutlich wird, ist, dass Femizide global und allgegenwärtig sind.
Frauen* werden also getötet, weil sie Frauen* sind. Grundursache ist der Gedanke, dass Frauen* Menschen sind, die mensch besitzen kann – und somit auch verletzen und/oder ermorden. Frauen* werden als Objekte betrachtet. Aber es geht noch darüber hinaus. Hinter jeder geschlechterspezifischen Gewalt steht die Ausübung von Macht. Hinter jedem Femizid steht System. In der Öffentlichkeit werden diese Morde noch immer durch Begriffe wie »Familientragödie« oder »Eifersuchtsdrama« verharmlost und verschleiert. Staatliche Institutionen schließen sich dem nahtlos an. So erkennt Österreich das juristische Konzept “Femizid” nicht an. Strafverfolgung und Rechtsprechung sind von patriarchalem und diskriminierendem Gedankengut durchsetzt.
Wichtig ist eins klar zu machen: Femizide sind keine Einzelfälle von verwirrten, verbitterten oder verzweifelten Einzeltätern, sondern das tödliche Resultat patriarchaler gesellschaftlicher Strukturen. Von Femiziden zu sprechen, heißt diese Tötungen von Frauen* sichtbar zu machen. Und es hilft uns dabei, den politischen Kontext zu benennen und Widerstand zu leisten.
Wir wenden uns ganz explizit gegen eine rassistische Vereinnahmung der Kämpfe gegen Frauenmorde.
Aktuell wird von unterschiedlichen Gruppierungen immer wieder versucht, Gewalt gegen Frauen* zu vereinnahmen. Diese Entwicklung ist nicht neu. Schon während des Kolonialismus und in der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Gefahr des gewalttätigen und übergriffigen sogenannten „Fremden“ heraufbeschworen und diente zur Legitimation der eigenen Gewalt. Dem gegenüber wird eine scheinbar geschlechtergerechte österreichische Mehrheitsgesellschaft gestellt, von der keine geschlechterspezifische Gewalt ausgeht. Das ist aber schlichtweg falsch! Femizide finden in allen gesellschaftlichen Schichten und Kreisen statt. Gemeinsam haben sie überall das Ziel, die patriarchale Herrschaft von Männern über Frauen* wiederherzustellen und abzusichern.
Wir positionieren uns gegen die Vereinnahmung und Instrumentalisierung geschlechterspezifischer Gewalt! Und fordern jede Art geschlechterspezifischer Gewalt zum Gegenstand öffentlichen Interesses zu machen und den Blick auf die patriarchalen Strukturen hinter dieser Gewalt zu lenken.
Wir müssen danach fragen, welche gesellschaftlichen Bedingungen es erlauben, dass solche Taten überhaupt stattfinden können, statt mit rassistischen Aussagen von der gesamtgesellschaftlichen Problematik abzulenken.
Es gibt eine weltweite Bewegung gegen Femizide, die in Lateinamerika unter der Forderung “Ni una menos” – zu deutsch “Keine einzige mehr” -begann. Überall auf der Welt gehen Frauen* gegen patriarchale Gewalt und Morde auf die Straße. Vielerorts sind diese Bewegungen schon lange aktiv, gut organisiert und haben in langer Arbeit patriarchale Gewaltverhältnisse politisiert und Fortschritte erkämpft. Ihre Beharrlichkeit, ihre Solidarität und ihre Kämpfe sind uns ein Vorbild, auch hier als Bewegung gegen Femizide und vergeschlechtlichte Gewalt zu erstarken!
Wir fordern zuallererst ein Ende der Gewalt gegen Frauen* und Mädchen*. Femizide müssen benannt und sichtbar gemacht werden. Auch in den Medienberichterstattung. Der Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht, das es zu erkämpfen gilt. Das bedeutet insbesondere auch, dass die strukturellen Ungleichheiten und patriarchalen Denkweisen angegriffen werden müssen. Dazu gehören umfassende Kämpfe in den Bereichen Gesetzgebung und Rechtsprechung, Arbeit und Sozialstaat sowie sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung.
Lasst uns gemeinsam gegen das Patriarchat aufstehen und unseren Widerstand auf die Straße tragen! In Graz und überall!